Die Flucht vor sich selbst oder der Wunsch nach der Nichtverkörperung.

Für viele Menschen ist der erste und einzige Weg, bei Krankheiten zum Arzt zu gehen. „Der hat das viele, viele Jahre studiert – der muss wissen, was mit mir los ist.“

Ich war auch eine von denen: Mit 19 hatte ich zum ersten Mal Rücken, meinen ersten „Hexenschuss“. So schlimm, dass nichts mehr ging. Ich rief meine Mutter an. Als sie bei mir war, rief sie den Notarzt. In den Jahren darauf hatte ich mindestens viermal im Jahr einen „Hexenschuss“. Ich war in so vielen Röhren, dass ich es nicht mehr zählen kann. Die ÄrztInnen, die mich deswegen behandelt haben, kann ich ebenso wenig zählen wie die Spritzen, die ich gegen die Schmerzen bekam.

Aufgehört hat es erst, als ich beschlossen habe, nicht mehr funktionieren zu müssen. Mich nicht mehr in ein System zu fügen, welches mich so sehr einschränkt, dass mein Rücken gar nicht anders kann, als die dauerhafte Anspannung durch nur eine kleine Bewegung zur Schmerzeskalation zu bringen.

Heute weiß ich: Mein Körpersystem hat mich mit diesen Schmerzen rausgeholt aus der ewigen Schleife der sich nicht ändernden Wiederholungen.

Es gibt noch sehr viel mehr „Medizin-Geschichten“ in meinem Leben, diese soll exemplarisch als Beispiel verdienen.

Und bitte, versteh mich nicht falsch: Wenn es dir Gewissheit bringt, dass du dir den Schmerz und dein Anderssein nicht nur einbildest, dann geh zu ÄrztInnen. Ich kann es nachvollziehen, das beruhigende Gefühl, dass mit einem selbst alles in Ordnung ist. Dass da jemand ist, der/die das, was ich habe, schon kennt. Sei es weil er/sie/es darüber gelesen hat oder ihm/ihr andere Menschen begegnet sind.

Das Gefühl der Wärme, endlich verstanden zu werden, endlich nicht mehr allein mit seinen Sorgen zu sein, ist gut und dienlich.

Nur was machst du dann damit? Mit dieser Bestätigung, dass du anders bist als der Rest?
Was macht das mit dir, dass du nicht normal bist? Nicht normal im Sinne der Masse? Nicht normal genug für den Durchschnitt der Bevölkerung?

Vergräbst du dich in Selbstmitleid und ergibst dich deinem Schicksal im Sinne von „ich bin halt so“?

Oder hast du erkannt, dass die einzige Lösung nur sein kann, dich selbst tiefer zu erforschen? Um dich selbst besser zu verstehen.

Es hat einen Grund, warum du nicht bist wie all die Anderen!

Und es ist deine Aufgabe, diesen Grund heraus zu finden!
Steh für dich selbst!
Geh für dich selbst!

Kein anderer Mensch wird dies für dich tun. Auch dann nicht, wenn dieser Mensch viele Jahre studiert hat und einen weißen Kittel trägt.

Nur du weißt, was gut für dich ist.

PS: Neulich war ich Anwesende bei einem ADHS-Diagnose Gespräch. Mein Fazit: Ich bin sehr sicher, dass man mir ADHS bescheinigen würde. Wenn ich mich in eine Diagnostikschleife begeben würde. Will ich nicht. Mach ich nicht.

PPS: Ich bin überzeugt, dass ADHS bald das neue Normal sein wird. Und das, was jetzt als Normal gilt, wird dann therapiebedürftig sein. Diagnose: Kann sich selbst nicht erkennen und hält an Vergangenem und alten Mustern unwiderruflich fest.

PPPS: Hinter dem Link findest du, was Nichtverkörperung für mich bedeutet. Zur Erinnerung: Die Überschrift dieses Artikels lautet Die Flucht vor sich selbst oder der Wunsch nach Nichtverkörperung